Wieviel Kraftstoff verbraucht der BMW i116? Wieviel kostet mich damit die Fahrt zur Arbeit von Bonn nach Köln jeden Monat im Vergleich zu einem Audi A3?
Wer ein Gebrauchtwagen kaufen will, stellt sich früher oder später bei der Recherche solche Fragen. Image und Emotion, Komfort, Ausstattung und Robustheit der Maschine sind schließlich nicht die einzigen Faktoren bei der Entscheidung für oder gegen ein Auto.
Der persönliche Spritverbrauch in der Realität
Bei dem Auto, das Sie gerade fahren, ist es einfach, die Verbrauchslage zu überprüfen: Nach dem Tanken die Trip-Kilometer nullen, fahren, volltanken und flugs zum Taschenrechner gegriffen:
verbrauchte Kraftstoffmenge x 100 / gefahrene Kilometer
Beispiel: Nach 450km tanken Sie 45l Benzin nach. Dann haben Sie 10l auf 100km verbraucht. Das ist nicht schwer. Nachdem Sie diese Berechnung mehrfach und nach den unterschiedlichen Streckenarten durchgeführt haben, kennen Sie Ihr eigenes Auto und seinen Verbrauch ziemlich gut. Idealerweise fahren sie übrigens jeweils etwa ein Drittel Stadt, Land und Autobahn.
Aber das Ganze geht erst nach dem Kauf. Welcher Verkäufer übergibt denn einem Interessenten sein Auto für ein paar Tage, damit dieser den Verbrauch messen kann? Offizielle Werte müssen her. Und genau hier kommen die Autohersteller ins Spiel.
NEFZ sei Dank – Die attraktiven Verbrauchszahlen der Herstellerprospekte
Schon lange ärgern sich die Autofahrer und ihre Interessenvertretungen wie der ADAC über unrealistische Durchschnittsverbräuche in den Datenblättern der Modelle von Audi, Ford, Kia und Co. Ein Katalogverbrauch von 5,5 Litern stellt sich im Alltag häufig als Wert um die 7,5 Liter heraus. Und das oftmals überraschend konstant. Ein Mehrverbrauch von 25 Prozent und mehr ist nicht unüblich. Aber wie kommen diese Katalogwerte zustande, die die Realität offensichtlich häufig nicht abbilden?
Die Hersteller können natürlich nicht nach dem Prinzip „Pi mal Daumen“ 100km um den Block fahren, tanken und den gemessenen Verbrauch als Regel angeben. Die Hersteller haben zudem Recht, dass viele individuelle Faktoren eine Rolle spielen. Fahrweise. Luftdruck in den Reifen. Läuft die Klimaanlage? Diese und einige andere Parameter haben zum Teil erheblichen Einfluss auf den realen Verbrauch. Deshalb müssen Standards her, einheitliche Testmethoden – nicht zuletzt, um (idealerweise) eine Vergleichbarkeit aller Hersteller zu ermöglichen. Hier kommt der Neue Europäische Fahrzyklus, kurz: NEFZ, ins Spiel.
Was zur Normierung gedacht ist, hat sich im Alltag der Hersteller zu einer Spielwiese der besonderen Art entwickelt. Wie können wir den Testverbrauch senken? Das ist die Leitfrage, die zu den kreativsten Optimierungsideen geführt hat: Türspalte werden abgeklebt, um die Aerodynamik zu verbessern. Mit niedrigem Tanklevel wird gefahren, um das Gesamtgewicht zu verringern. Mit all diesen und anderen Methoden senken die Hersteller den Katalogverbrauch. An der Realität der Menschen gehen diese Werte dann vorbei – und das bei nahezu jedem Fahrertyp, Reifendruckstand, mit und ohne Klimakälte.
Mit der Schwarmintelligenz des Webs zu realistischen Spritverbrauchswerten
Verschiedene Online-Portale wie autokostencheck.de oder spritmonitor.de bieten Autofahrern die Möglichkeit, ihre persönlichen Verbrauchsdaten mit anderen zu teilen. Dadurch entsteht ein Datensatz für sehr viele Modelle. Eine Recherche dort kann sich somit mehr lohnen als in den Modellkatalogen.
PS: Es geht übrigens noch komplizierter – Der Regelverbrauch moderner Plug-in-Hybridautos
Wenn Sie denken, das ist schon kompliziert, schauen Sie sich kurz noch diese Formel an:
C = [(De * C1) + (Dav * C2)] / (De + Dav)
mit:
C = Gesamtverbrauch in Liter/100 km laut Norm
C1 = Kraftstoffverbrauch bei voll aufgeladenem Akku
C2 = Kraftstoffverbrauch bei leerem Akku
De = rein elektrische Reichweite
Dav = 25 km (willkürlich zugrundegelegte mittlere Strecke zwischen zwei Akkuaufladungen)
Alles klar? Mit dieser Formel berechnen die Hersteller die verkaufsfördernden, attraktiv niedrigen Verbrauchswerte der beliebt gewordenen Plug-in-Hybride. Ein VW Golf GTE mit 1,5 Litern Sprit auf 100km? Das klingt verlockend! Mit der Realität hat das in der Regel nicht viel zu tun. Interessant ist im übrigen der willkürliche definierte Wert Dav. Die meisten Fahrer werden es wohl nicht immer schaffen können, nach nur 25km wieder aufzuladen. Na, vielleicht doch, im Stadtverkehr.
Das Schöne für uns Autofahrer: Mit etwas Umformung der Formel kann jeder den Verbrauch des Benzinmotors eines Plug-ins selbst berechnen. Eine wichtige Information, schließlich wird der Wagen vom klassischen Verbrennungsmotor häufig angetrieben werden, eventuell sogar häufiger als vom grünen Elektromotor – so zumindest Stand Sommer 2016.